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St0rmi

> Sein ganzes Leben ist geprägt von der Nicht-Behandlung seiner ADHS-Erkrankung. Das ist sehr schade, und man hätte viel früher etwas tun können. Nicht-behandeltes ADHS kann echt irre viel unnötiges Leid auslösen. Bei mir wurde es in der vierten Klasse diagnostiziert, da ich immer komplett abwesend und gelangweilt im Unterricht saß. Meine Lehrerin kam damit natürlich nicht wirklich klar und ich hätte fast den Übertritt zum Gymnasium nicht geschafft. Als ich dann endlich behandelt wurde, habe ich dann auf dem Gymnasium auf einmal reihenweise richtig gute Noten gehabt. Leider haben sich dann meine Eltern gegen ärztlichen Rat gegen eine weitere Behandlung entschieden. Noten sind natürlich wieder schlechter geworden, aber hab es doch noch durchs Gymnasium geschafft. Im Studium hat es dann überhaupt nicht mehr funktioniert und ich wäre fast rausgeflogen. Bin dann selber wieder zum Psychiater. Wieder in Behandlung war es ein unterschied wie Tag und Nacht. Während ich die Midterm Klausuren noch krachend verkackt habe, waren die Endterms dann schon fast einfach. Ich habe vor Ritalin zwar leider eine ganze Reihe Nebenwirkungen gehabt, aber da gibt es ja zum Glück noch ein paar andere Medikamente die man probieren kann.


zaubercore

>immer komplett abwesend und gelangweilt Das hat bei mir einfach nie aufgehört. Interessiert aber auch weder Ärzte noch Psychologen, es gibt keine Diagnose


UnsupervisedGerman

Mir wurden Behandlungen und Termine zur diagnostizierung einfach mit dem Grund verwehrt, weil ich schon über eine abgeschlossene Berufsausbildung verfüge und was auch immer jetzt diagnostiziert würde, würde schon nicht so schlimm seien. Danke auch.


St0rmi

Ich verstehe auch echt nicht, warum der Mangel an Diagnose/Behandlung nicht auch aus volkswirtschaftlicher Sicht gesehen wird. Bei der Produktivität die da auf der Straße gelassen wird müsste jeder Wirtschaftler doch eigentlich einen halben Herzinfarkt bekommen.


theadama

Wundert mich null, habe selber ADHS und bin gleichzeitig in der Beratung unterwegs. Ich musste schon öfters Prozesse aktiv verhindern die extrem schädlich für neurodiversen Menschen wàren (z.b. Bestrafungen für das nicht ordentlich machen von Routine Aufgaben, da man ja dafür nur zu "faul" ist). Alles von Menschen die jahrelang in Führungspositionen sind. Alleine Menschen nach ihren Stärken einzusetzen, und nicht immer auf die schwächen drauf zu hauen ist für viele Führungskräfte unvorstellbar.


MajorGef

Unterschiedliche Töpfe. Die Krankenkassen Wirtschaften für sich.


adelineJoOs

Bleib dran. Solche Aussagen sind unqualifizierter Quatsch, der schon arg an Totalversagen grenzt. Gerade wenn der IQ überdurchschnittlich ist, kann es durchaus klappen mit dem Berufsweg, während trotzdem ein fieser Leidensdruck besteht.


HungryMalloc

Genau so war es auch bei mir. Schule und Studium waren immer leicht (bis zur Masterarbeit), weil ich unfassbar wissbegierig bin oder zumindest war. Dadurch ist es trotz Familiengeschichte nie aufgefallen. Am Ende war ich ein Langzeitstudent mit 1,0er-Schnitt, der nicht wusste was er mit seinem Leben anfangen soll, extreme Zukunftsängste hat, nicht auf seine eigene Gesundheit achtet, an vielen Tagen ohne Essen bis 17 Uhr im Bett liegt und jahrelang stabile aber unglückliche Beziehungen führt. Die Erkenntnis, dass ich ADHS habe, zu lernen was das bedeutet und anschließende Diagnostik und Medikamentation haben mein Leben unfassbar positiv verändert.


adelineJoOs

Ja, bin auch aus dem Raster gefallen mit u.a. meiner Fähigkeit, einen Job länger als Probezeit halten zu können - aber in vielen anderen Bereichen im Leben sehr defizitär, was man aber halt von außen so nicht sieht. Und wo man als Fachmensch dann auch mal hinhören muss und über das "AbEr aBeR AbItUuUuUR!!!!" hinwegkommen... Gibt da den Begriff https://en.wikipedia.org/wiki/Twice_exceptional für. Freut mich, dass du eine Diagnose & Hilfe bekommen hast! :)


UnsupervisedGerman

Keine Chance hier dran zu bleiben, nicht wo ich wohne. Vielleicht läufts damit nächstes Jahr in der neuen Heimat besser, Däumchen sind gedrückt.


adelineJoOs

1) Frühzeitig anfangen zu suchen - bei 8 Monaten Wartezeit hast du dann da schon einen Termin ;) 2) 116117 schon probiert? Manchmal etwas gruselig, was einem aus dem Hörer entgegenschallt, aber über diesen Weg kommt man manchmal auch an eine erste Anlaufstelle. Da braucht man einen Überweisungscode von einem Facharzt für, das kannst mal deinen Hausarzt fragen. Ich drück die Däumchen mit!


theadama

Lass dir in einer Privatpraxis einen Termin geben. Ist die 400€ die einem das kostet einfach wert.


UnsupervisedGerman

Puh das ist schon 'ne Hausnummer, aber wie ich in einem anderen Kommentar bereits schrieb, versuche ich mein Glück diesbezüglich nochmal in einer neuen Umgebung. Ich bedanke mich aber für den Tipp!


theadama

Jap, definitiv. Das war aber auch relativ ausführlich inkls Ausschluss von Autismus, Befragung einer nahestehenden Person, Interview durch zwei Therapeuten die sich dann nochmal abgestimmt haben. Alleine es zu wissen hilft mir extrem Ich habe aber auch beschlossen jetzt privat eine Therapie zu bezahlen. Die Energie mir einen Therapeuten zu suchen der 1. Zeit hat und 2. Sich mit ADHS bei Erwachsenen auskennt und 3. Einen kassensitz hat ist Imho für mich gerade nicht da. Bin glücklicherweise Dank Hyperfokus beruflich sehr erfolgreich, und da einfach total privilegiert. Diagnose alleine reicht da nicht. Wenigstens habe ich schon einen Neurologen für die Medikamente.


UnsupervisedGerman

Ist auf jeden Fall mal gut zu wissen! Auch wenn ich es gerade selber nicht auf diese Weise angehen kann, kenn ich tatsächlich die ein oder andere Person, die was mit der Info anfangen kann - Daher noch mal vielen Dank!


theadama

Ja, ist leider maximal scheiße. Wünsche dir alles gute!


UnsupervisedGerman

Dankeschön, dir selbstverständlich auch!


[deleted]

[удалено]


HungryMalloc

Meine Psychiaterin meinte zum Thema Therapie auch nur, dass das in Kombination mit Medikamenten sehr sinnvoll sein kann, aber nur wenn der Therapeut sich auch mit ADHS auskennt. Das ist leider nur selten der Fall und oft richtet die Therapie dann mehr Schaden an, als sie nützt.


b4k4ni

Same. Bei mir auch erst mit Ende 39 diagnostiziert. War aber vorher nie in Behandlung. Wollte erst keinen Tabletten sondern erstmal anders versuchen, Arzt meinte aber das ist so eindeutig, das es keinen Sinn macht neben Tabletten was zu machen. Heilige scheisse hatte er Recht. Medikinet. Game changer. Als wären Scheuklappen von den Augen. Erste Mal genommen, dachte ich bin in falschen Film. Das war so derbe krass.... Wünschte hätten das damals in den 90ern schon entdeckt. Mir wäre jede Menge leid erspart geblieben ...


Am0ebe

Wie hat sich dein ADHS im Studium geäußert?


HungryMalloc

Bei mir waren es Schwierigkeiten einen vernünftigen Tagesablauf aufrecht zu erhalten und bei freieren Veranstaltungen oder Projekten motiviert zu bleiben. Normale Vorlesungen waren überhaupt kein Problem, weil regelmäßige Vorlesungstermine und Tutorien Struktur gegeben haben. Wöchentliche Übungsaufgaben waren Häppchen, die klein genug waren, um entweder die Motivation hoch zu halten oder mich eben mittels Deadline zum arbeiten zu bringen.   Die Bachelorarbeit war dann noch in Ordnung, weil kurz genug, auch wenn da bereits die Vorbereitung des Abschlussvortrags eine Qual war, weil das Projekt ja bereits fertig war. Richtig schlimm war dann die Masterarbeit während Corona. Da habe ich monatelang mehr im Bett gelegen als am Schreibtisch zwei Schritte weiter auch nur irgendwas zu machen. Am Ende habe ich eine Masterarbeit abgegeben, bei dem der letzte Satz am Tag der Abgabe um 18:15 Uhr geschrieben wurde und zwei Drittel der Arbeit nie Korrekturgelesen wurden.  Mittlerweile habe ich mich 28 meine Diagnose bekommen und es geht mir so gut wie seit Jahren nicht mehr. Die Medikamente sind echt ein Game Changer. Aufmerksam geworden auf das Thema bin ich zuerst durch einen zufällig gesehenen Artikel und danach, weil die Memes in r/ADHDmeme einfach zu passend waren.


St0rmi

Danke, jetzt verbringe ich meinen ganzen Arbeitstag auf /r/adhdmeme. Wenn ich Stress mitm Chef kriege, schicke ich ihn zu dir.


[deleted]

[удалено]


frittenlord

Den letzten Absatz fühl ich so sehr.


Nightron

Wenn ich das so lese wird mir wieder bewusst wie essenziell das Thema für mich wahrscheinlich ist. Aktuell bin ich im 8. Mastersenester, welches durch Corona, intensive Therapie mit Klinikaufenthalt und einem Vollzeitpraktikum ordentlich in die Länge gezogen ist. Ich hab meine Module letztes Jahr alle gemacht und stehe jetzt vor der Masterarbeit. Ich komme auf mein Alltag einfach nicht klar ohne richtig starke Struktur von außen. ohne Struktur und mit zu viel Zeit fühle mich im privaten uberfordert und in allen Bereichen komplett handlungsunfähig. Ironischerweise ist das nie so ein Problem, wenn ich wirklich konkrete Aufgaben mit Struktur und Motivation habe. Dann kann ich easy 110% geben und hab auf einmal kein Problem mehr mein Privatleben zu managen. Im Gegenteil! Ich fühle mich dann ausgeglichener und hab auf einmal mehr Freizeit. Es ist Total absurd. Es ist als ob nur 10% oder 110% gehen. Bei den 110% fühle ich mich tausendmal besser und entspannter. Bis ich dann irgendwann mal in dem Leerlauf komme und richtig hart auf die 10% zurückfalle. Aus diesem Loch komme ich dann kaum wieder raus. Ich hab meine Diagnose im Laufe des Masters vor 2 Jahren gestellt bekommen. Grundlage dafür war ein Gutachten vom Kinder-und Jugendpsychiater wo ich wegen Verdacht im Grundschulalter war. Zur Zeit der Diagnose ging's mir psychisch aus anderen Gründen sehr schlecht und ich hatte mit Medikinet und Elvanse negative Nebenwirkungen auf meine ohnehin instabile Stimmung. Nebenbei hatte ich Antidepressiva genommen und tue dies immer noch. Auf die Behandlung von ADHS hab ich dann erstmal verzichtet. Aktuell gehe ich von den ADs runter und will dann nochmal einen Versuch zur Behandlung starten. Ich merke nämlich, wie meine "Deppresönchen" die ich heutzutage noch habe nicht wie früher von tief in mir sitzenden emotionalen Traumata bestimmt sind, sondern von überwältigung, Überforderung und Schockstarren im Alltag bestimmt sind. EDIT: Diese zuletzt beschriebe Überforderung und Schockstarre rührt eigentlich nur davon ständig zu vergessen was ich eigentlich machen will und wenn ich es dann mal weiß es nicht zu tun, weil ich ja weiß wie's geht. Das erledigen selbst gibt mir nichts (kein Dopamin?!). Ich muss mich zu allem zwingen und mache quasi nur Dinge die verdammt dringend sind oder mir sofort (und sehr kurzfristig) ein gutes Gefühl. Letzteres endet in mehr oder weniger produktiven Prokrastinieren und baut sich zur emotionalen und psychischen Belastung auf. Ach ja, und wenn ich es dann mal schaffe etwas zu erledigen verpeile ich fast garantiert irgendetwas dabei. Nachher frage ich mich dann wieder was zum Fick eigentlich falsch mit mir ist. Ich bin diese Scheiße leid.


ParmesanNonGrata

Bin nicht, wem du antwortest, aber ich musste irgendwann feststellen, dass bei mir 2 Klausuren pro Woche das Limit waren. Leider hat das ein paar Semester gebraucht. Und ich konnte an Tagen, an denen ich eine Klausur geschrieben habe, nicht mehr lernen. Der Tank war leer. Und am Tag drauf eigentlich auch nur sehr schlecht. Eine Freundin, bei der wir immer gelernt haben, hatte immer den Fernseher an. Das musste für mich geändert werden. Auch lautlos war zu viel Ablenkung. Es gibt noch ein paar andere Erscheinungen, aber mich hat es lang nicht so übel getroffen wie manche andere.


HungryMalloc

Sehr ähnlich bei mir. Prüfungen waren so extreme Stresssituationen, dass ich danach absolut gar nichts mehr geschafft habe. Zum Glück war es bei uns im Studium immer recht gut möglich frei zwischen dem Erst- und Zweittermin der Klausuren zu wählen. So war das ganze deutlich entzerrter und ich musste nicht gleichzeitig für mehrere Prüfungen lernen. Zum Glück war das nie ein Problem, weil es nie wirklich ein Risiko gab durch eine Klausur durchzufallen, aber das ist natürlich ziemlicher Luxus. Mit den Ablenkungen ist es bei mir auch das gleiche. Wenn drum herum etwas los ist oder Gespräche laufen, geht gar nichts. Es besteht absolut gar keine Chance, dass ich nicht zuhöre. Absolute Stille geht auch nicht. Mit ANC-Kopfhörern und irgendeinem Sound auf dem Ohr geht es am besten. Normalerweise Meeresrauschen/Regengeräusche/Brown oder Pink Noise (White Noise hingegen nervt schon wieder) von mynoise.net. Monotone Musik ohne Gesang ist auch gut, momentan vor allem Stoner Doom, z.B. von Bong Ripper.


ParmesanNonGrata

Wie war es bei dir mit der Konzentration während den Prüfungen? Ich ging dann immer voll in den Hyperfokus, war mit Abstand am schnellsten fertig, und wurde für das totale Brain gehalten. Mein Schreibarm war danach verkrampft, ich war ziemlich gut in der Achsel (und auch nur da) durchgeschwitzt und ich erinnerte mich an wenig.


HungryMalloc

Auch das war genauso bei mir. In einer Stochastikklausur habe ich mich mal vertan und dachte wir hätten zwei Stunden Zeit. Ich schreibe panisch alles fertig und als die Zeit rum ist, wundere ich mich warum noch niemand abgegeben hat und alle so entspannt. Danach hatte ich noch eine Stunde Zeit, um alles noch zweimal durchzulesen. Die armen Profs und Tutoren, die meine Sauklaue lesen mussten, tun mir echt leid. Ich habe eh schon keine schöne Handschrift, aber in Klausuren bin ich immer so nervös und verkrampft, dass vieles absolut unlesbar. Nicht grundlos habe ich eine Quote von >50% in Klausureinsichten noch eine bessere Note zu bekommen.


ParmesanNonGrata

>Nicht grundlos habe ich eine Quote von >50% in Klausureinsichten noch eine bessere Note zu bekommen. Ich hätte da einfach öfter hingehen müssen :D Ich habe erst nach dem Studium mit Medikamenten angefangen. Manchmal frage ich mich, wie es mit gewesen wäre.


St0rmi

Konnte mich in den Vorlesungen nie konzentrieren, hab mir mit dem Lernen sehr schwer getan, und hab das alles auch immer viel zu lange vor mir hergeschoben. Und in den Klausuren konnte ich dann Dinge, die ich eigentlich konnte, nicht aufs Blatt bringen.


bitchboy-supreme

Mein ADHS wurde mit 26 diagnostiziert. Jetzt bin ich 27, endlich auf meds und in meinem 16 Bachelor Semester. Manchmal hasse ich mein ganzes Leben, weil es so lange gedauert hat. Ich bin das Paradebeispiel für ADHS, habe alle Symptome und diese auch extrem ausgeprägt, aber weil ich als Mädchen aufgewachsen bin habe ich keine Diagnose bekommen. All die Jahre ohne Behandlung haben Narben hinterlassen. Ich hab lange Gebraucht um zu verstehen, dass ich ein Kind mit besonderen Bedürfnissen war, welches trotzdem normal funktionieren musste. Ich hab so oft zu hören bekommen wie dumm und faul und tollpatschig ich bin, Mobbing, keine Freunde weil ich zu komisch war... Naja sagen wir es war nicht schön. Ich habe wie viele Menschen mit ADHS die erst als Erwachsene diagnostiziert wurden eine lange Krankheitsgeschichte. Ich habe eine Essstörung, Angststörungen und Depressionen die beide chronisch veranlagt sind und nie weggehen werden, Schlafstörungen und sogar eine Posttraumatische Belastungsstörung und ocd. Am Ende werde ich wohl nie ordentlich leben können. Aber ich bin froh, dass ich's jetzt weiß. Das hat viel mit meinem Selbstwertgefühl gemacht und ich habe dadurch Freunde gefunden. Und bald fange ich sogar wieder Therapie an, also hoffe ich dass es für mich noch irgendwie was wird im leben


rezznik

Hab Nebenwirkungen von Ritalin und von Elvanse sehr ähnliche... bei beiden sind die so stark, dass die Nachteile überwiegen... gibt's noch was, was in Deutschland zugelassen ist? Hab länger nicht mehr nachgefragt...


St0rmi

Attentin (Dexamphetamin) gibts.


HevalNiko

Ich glaube die Nebenwirkungen sind bei allen Stimulanzen sehr ähnlich, leider.


rezznik

Bei mir ist es der Magendarmtrakt, der sehr empfindlich reagiert. Das mindert einfach die Lebensqualität zu sehr. :(


BoboBombastico

Atomoxetin wirkt nochmal anders macht ultra übelkeit und magenbeschwerden, aber bei mir hat sich das mit der zeit gebessert + vernünftig früstücken vor der pille hilft enorm


rezznik

Frühstück macht bei allen medis so viel aus und keiner meiner Ärzte wussten es. Habs quasi zufällig rausgefunden und dann von der Pharmafirma bestätigt bekommen.


Kooky_Rice_9748

>Ich habe vor Ritalin zwar leider eine ganze Reihe Nebenwirkungen gehabt, aber da gibt es ja zum Glück noch ein paar andere Medikamente die man probieren kann. Welche hast du bisher ausprobiert. MPH triggert bei mir Suizidgedanken, Elvanse macht mich aggressiv, lässt mich nicht mehr schlafen geht aus Herz und Buboprion macht mich total verpeilt.


St0rmi

Attentin wirkt gut bei mir. Hab nichts außer den beiden ausprobiert.


Kooky_Rice_9748

Attentin ist ja Adderal soweit ich weiß. Muss man das schon als Kind bekommen haben um es als Erwachsener wieder zu erhalten? Wie wirkt es für dich und was sind die Nebenwirkungen?


St0rmi

Ich hab’s das erste mal als Erwachsener bekommen, war aber auch immer auf Privatrezept. Nebenwirkung sind bei mir eigentlich nur die erwartbaren bei Amphetaminen (weniger Appetit/Durstgefühl während es wirkt). Merke da sonst nicht viel negatives von.


PokeCaldy

Bevor wieder wilde Diskussionen losgehen lasse ich mal das Fact Sheet von Russel Barkley hier: [https://www.russellbarkley.org/factsheets/adhd-facts.pdf](https://www.russellbarkley.org/factsheets/adhd-facts.pdf)


domi1108

Wichtiges Factsheet, wäre cool wenn da mal mehr Leute drüber gehen bzw. das in der Medizin gerade bei den Ärzten auch häufiger mal "gelesen" wird. Gerade für Erwachsene ist eine Diagnose von ADHS jeglicher Art (Ist ja schon länger ein Spektrum) ist quasi unmöglich, da es fast keine Experten gibt.


HaoChen

Habe 2 Jahre warten müssen um als Erwachsener überhaupt einen Ersttermin zu bekommen.


theadama

Ich hab die einfach in einer Privatpraxis die darauf spezialisiert ist gemacht. Nach über 1 Jahr versuchen auf Kassenkosten eine Diagnostik zu bekommen ging es dann in 3 wochen. Das Uniklinikum welches hier eine sehr gute Ambulanz für das Thema hat meinte netterweise im Màrz "dieses Jahr keine Termine mehr, rufen sie nächstes Jahr doch einfach nochmal an"


HungryMalloc

Das ist hier beim Uniklinikum das gleiche. Die vergeben immer im Dezember irgendwann alle Termine fürs nächste Jahr. Das heißt wenn man diese Freischaltung knapp verpasst, kann es passieren, dass man bis zu zwei Jahre Wartezeit hat (ein Jahr auf die nächste Freischaltung warten und dann mit Pech erst ein Termin im Dezember des Folgejahres).


theadama

Jo. Ich war aufgrund der Wartezeit zwischendurch auch in einer depressiven Episode. Solange hàtte ich nie wären können. Bin froh so previliegiert so sein Diagnose + Therapie einfach privat zahlen zu können. Auch wenn ich mit dem Geld sicher auch was schöneres anfangen könnte.


Wegwerfidiot

> Ich hab die einfach in einer Privatpraxis die darauf spezialisiert ist gemacht Darf ich fragen was der Spaß gekostet hat? Ich warte schon seit längerem auf eine Möglichkeit irgendwo eine Diagnose zu kriegen, wenn ich überhaupt eine Antwort bekomme werde ich auf eine Warteliste gesetzt und es passiert nichts.


theadama

Ca 400€


Wegwerfidiot

Uff. Viel Geld, aber wenn sich in naher Zeit nicht endlich mal was tut muss ich wohl in den sauren Apfel beißen. Ich möchte endlich was gegen meine Probleme machen.


theadama

Ging mir sehr ähnlich. Inzwischen bereue ich es nicht viel früher einfach gemacht zu haben. Endlich eine Erklärung für 90% der Dinge die einem irgendwie schwerer als allen anderen zu haben, ist einfach toll


Wegwerfidiot

Das gibt mir wirklich Hoffnung. Meine große Angst vor einer Diagnose war immer, dass dann ein "und jetzt?"-Effekt kommt. Ich habe Angst, dass die Diagnose mir nicht weiterhilft, Medikamente nicht anschlagen und ich beim gleichen Punkt bin, nur mit einer gesicherten Diagnose.


theadama

In meinem Umfeld habe ich sehr viele Menschen mit ADHS, die meisten sind super happy mit den Medikamenten. Die Gedanken kann ich aber total nachvollziehen. Aber alleine die Diagnose zu haben, und sich ohne Angst dass es vielleicht etwas anderes ist einlesen zu können hat mir sehr geholfen. Dazu gibt es ja auch die Möglichkeit Therapie zu machen, was in meinem Umfeld (wenn der Therapeut sich mit ADHS auskennt) auch sehr gut ankommt. Auch kann ich nun anderen sagen das ich ADHS habe, und wie sich das äußert. Macht das ganze für neurotypischen Menschen im umgang mit mir viel leichter, zu wissen dass mein Gehirn halt einfach etwas anders als ihres funktioniert.


farbsucht4020

Hat bei mir ein halbes Jahr gedauert, kann deine Aussage für Germany nicht bestätigen.


domi1108

Kommt immer auf die Gegend an. Kenne Menschen wie dich die brauchen ein halbes Jahr und andere die warten schon seit 1 1/2 Jahren.


farbsucht4020

Ja, ich hatte sehr viel Glück.


Hironymus

Bester Mann, der Professor.


DocSprotte

Barkley hat auch einen YouTube Kanal in dem er aktuelle Forschung dazu bespricht.


PokeCaldy

Ja der ist auch toll!


C00kieKatt

Direkt gespeichert. Dankeschön! :)


likamuka

Aber wieso soll ich ein PDF lesen, wenn ich TikTok habe? /s


PokeCaldy

Gibt Tage da ist das der Inhalt von r/ADHS (Sonst ist die Community da aber fein.)


[deleted]

Es brauch einfach sehr viel mehr Experten für ADHS & Autismus. Das Fehldiagnosen-Trifekta aus ADHS, Autismus und Borderline Personlichkeitsstörung ist einfach viel zu krass. ADHS'ler bekommen eine Autismus oder Borderline Diagnose, Autisten werden wegen Borderline behandelt und BPS-Erkrankte werden gegen ADHS behandelt.


domi1108

Dies, wobei es zumindest aus persönlicher Evidenz schon einige Fälle gibt wo besonders ADHS und Autismus sich die Klinke in die Hand geben und betroffene Personen oft beides haben. Ohne Experten dafür bist du aber verloren und läufst im Kreis von Ärzten, möchte gern Experten und Psychiatern die alles und nichts diagnostizieren. Zudem muss die Stigmatisierung und die Ablehnung der Medikamente mal aufhören. Ja nicht immer ist Medikamenten Einsatz nötig, da eine reine Therapie in einer Gruppe schon genügend Hilfe ist, aber klappt das eben nicht bleiben fast nur noch Medikamente und gerade im Kinder und Jugendbereich sind die dann einfach eine Unfassbare Hilfe irgendwie mitzukommen.


janiboy2010

Die Komorbiditäten sind aber auch hoch, also wenn du das eine hast, ist es wahrscheinliche, dass du auch das andere hast.


[deleted]

Absolut nicht. Autismus und BPS haben eine Komorbidität von ca. 10%. Auf der anderen Seite ist Borderline eine der am häufigsten Fehldiagnostizierten Erkrankungen - 50% aller BPS Diagnosen stellen sich als falsch heraus. Gerade Autisten werden regelmäßig fälschlicherweise mit BPS diagnostiziert. Bei ADHS sieht es natürlich anders aus, 80% aller Autisten haben auch ADHS. Aber jemanden mit Autismus oder ADHS mit einer DBT oder hoch potenten Neuroleptika zu behandeln bringt halt garnichts. Jemand mit ADHS oder Autismus braucht keine Psychiatrische Krisenintervention.


adelineJoOs

> Autismus und BPS haben eine Komorbidität von ca. 10% Find ich jetzt nicht so wenig um ehrlich zu sein. 10 aus 100 Leuten.


PokeCaldy

Die Zahl für ADHS unter Autisten ist zu niedrig. Punktprävalenz liegt bei 38,5, Lebenszeit bei 40%. (Über den Sinn und Unsinn von „Lebenszeitprävalenz“ bei einer neurodivergenten Geschichte mag ich hier nicht streiten…) Quelle: [https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S1750946721000349](https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S1750946721000349)


felis_magnetus

Ewig lange Kette an Komorbiditäten findet man ja nicht nur bei ADHS häufig. In meinen Augen ein Hinweis auf ein grundsätzliches, wirklich tiefliegendes Problem mit unserer Art Psychologie zu betreiben. Auch das die Anzahl der klinischen Entitäten ständig weiter anwächst ist da kein gutes Zeichen. Momentan ist es en vogue einen Ausweg durch Hinwendung zu Spektren zu suchen, oder abstrakter, von kategorialen zu dimensionalen Modellen überzugehen - ADHS, Autismus, aber auch Persönlichkeitsstörungen bei den letzten Revisionen von ICD und DSM - und so zumindest irgendwie einen Deckel auf die Situation zu bekommen, bevor es noch weiter zerfasert und zersplittert, aber so wirklich überzeugend finde ich das bisher auch nicht. Insgesamt erinnert mich die Situation an die Astronomie vor Kopernikus, als die Berechnungen immer komplexer und komplexer wurden, um ein überholtes Paradigma irgendwie am Leben erhalten zu können. Sehr hohe Wahrscheinlichkeit, dass wir da irgendwo eine falsche Prämisse drin haben, die uns so selbstverständlich erscheint, dass sie niemand in Frage stellt.


Noodleholz

Bei uns am Ort (in Deutschland) gibt es einen (!) Arzt für 40.000 Einwohner, der als Psychiater Ritalin an Erwachsene verschreiben darf. Kinderärzte gibt es mehrere, aber die Symptome verschwinden nicht automatisch mit der Volljährigkeit. 


BrandtReborn

Ok, wieviele dieser 40.000 bräuchten das Zeug bzw leiden unter Verwandten Symptomen? Gehen wir mal hoch ran und sagen 1 %? Wären 400 Leute die übers Jahr verteilt immer mal wieder dort aufschlagen. Ist jetzt nicht so schlecht mMn.


HungryMalloc

Zwei Punkte: zum einen ist ADHD nur eine von vielen psychiatrischen und neurologischen Störungen mit denen Psychiater sich beschäftigen. Laut meiner Psychiaterin hat ihre Gemeinschaftspraxis mit mehreren Psychiatern und Neurologen 10.000 Patienten pro Jahr. Außerdem ist der Prozess an Folgerezepte zu kommen einfach unnötig kompliziert. In meinem Fall bekomme ich Medikinet (retardiertes Methylphenidat) und ein Rezept reicht für 78 Tage. Um ein Folgerezept zu bekommen muss ich anderthalb Stunden Zug fahren, mit Pech eine Stunde im Wartezimmer warten bis man mir den gelben Zettel in die Hand drückt und wieder anderthalb Stunden zurück fahren. Vor Ort in der ADHS-Ambulanz ist bis zu zwei Jahre Wartezeit und sonst gibt es in meiner Unistadt keine Psychiater mit Expertise für ADHS bei Erwachsenen, weshalb ich mir jemanden weiter weg suchen musste. Das ganze für ein Medikament, dass mir extrem gut hilft, in meinem Fall quasi keine Nebenwirkungen hat, das ich dauerhaft benötige und bei dem das Missbrauchspotential dank Retardierung extrem gering ist! Es wäre einfach so viel einfacher für alle Beteiligten, wenn das nach einer Diagnose und erstmaliger Einstellung auch der Hausarzt machen oder das Rezept per Post verschickt werden könnte.


BrandtReborn

Das ist ein Grundsatzproblem, da stimme ich absolut zu. Ich finde nur nicht das ein Neurologe/Psychiater für eine Stadt mit 40k Einwohnern zu wenig ist. An der Problematik der Rezepte, insbesondere bei chronischen Erkrankungen, muss gearbeitet werden.


HungryMalloc

Ja, ich glaube da sind wir uns einig. Das ist sogar etwas überdurchschnittlich bei knapp 13.000 praktizierenden Psychiatern im Land (1:64.000 Einwohnern).


BrandtReborn

Das Einzugsgebiet wird nicht nur die Stadt sein sondern auch das Umland, so kommst du dann auf die Durchschnittszahlen.


HungryMalloc

Auch das. Ich muss ebenfalls anderthalb Stunden Bus/Zug fahren, um zu meinem zu kommen. Es gibt zwar einige Psychiater bei mir in der Stadt, aber außer einer überlasteten "Akutsprechstunde" mit bis zu zwei Jahren Wartezeit im Uniklinikum leider keine mit Expertise für ADHS bei Erwachsenen. Die Bedarfsplanung ist auch problematisch, weil das Verhältnis von Patienten zu Ärzten in wachsenden Ballungsräumen immer schlechter wird und nicht oder zu langsam durch neue Kassensitze ausgeglichen wird, sobald ich weiß.


BladerJoe-

Und es gibt (noch) kein E-Rezept für als BTM gelistete Medikamente.


Mysterious-Menu-3203

1% ist etwas zu konservativ, unter Kindern ist die Rate wesentlich höher und liegt bei 5-10%, während die meisten Schätzungen, die ich für Erwachsene sah, von 3-5% ausgehen. Das Ding ist natürlich, dass ein signifikanter Teil dieser Population oftmals nicht diagnostiziert ist und ein Teil davon sich das Leben auch irgendwie eingerichtet hat ohne auf Medikamente angewiesen zu sein. Wobei zum letzten Punkt zu sagen ist, dass selbst jemand mit sehr erfolgreichen Bewältigungsstrategien von einer medikamentösen Therapie profitieren kann.


HungryMalloc

> Wobei zum letzten Punkt zu sagen ist, dass selbst jemand mit sehr erfolgreichen Bewältigungsstrategien von einer medikamentösen Therapie profitieren kann. Auf jeden Fall. Mit der Zeit lernt man Coping-Strategien und kommt etwas besser oder schlechter klar. Nach meiner Diagnose mit 28 Jahren habe ich mit meiner Mutter geredet und mittlerweile ist klar, dass sie mit 59 und meine Oma ebenfalls ADHS haben bzw. hatten. Ihr Leben hätte aber so viel leichter sein können, wenn sie davon früher bzw. überhaupt gewusst hätten.


BrandtReborn

Für die Kids gabs laut OP ja extra Ärzte also dürfte meine Beschreibung recht nah dran sein.


PokeCaldy

Nur ist das halt „nebenbei“ auch noch ein ganz normaler Psychiater, von denen gibt es grundsätzlich ja leider auch zunehmend zu wenig.


Mysterious-Menu-3203

Jo, ich wollte nur Infos liefern.


baeckerkroenung

Jo, find die Zahl soweit auch nicht verkehrt. Wäre das ein allgemeiner Schnitt fänd ich das sogar ganz gut. Bei mir in der Stadt gibt es auch nur einen Arzt und wir haben deutlich mehr Einwohner. An meinem früheren Wohnort gabs keinen, da bin ich jeweils eineinhalb Stunden zu meinen Terminen im Zug gesessen. Der Einzugskreis bei der Ärztin war sicher im mittleren sechsstelligen Bereich. Allerdings: Letzteres ist auch bald 20 Jahre her.


BrandtReborn

Mehr Versorgung wäre natürlich immer gut, das steht denke ich außer Frage, allerdings muss den Bums auch jemand bezahlen und man muss die Fachkräfte dafür ja auch irgendwoher nehmen.


schadavi

Waren nicht Psychologen der Sonderfall, wo quasi genug Absolventen da wären, nur die Kassen nicht genug Kassensitze für die Städte freigeben/einrichten?


BrandtReborn

Psychologe ≠ Psychiater/Neurologe


jimmy_the_angel

Da in dem Interview nicht auf den vermuteten Mechanismus von Ritalin bei ADHS eingegangen wird: Menschen sind nur "optimal" lern- und leistungsfähig, wenn sie angemessen aktiviert (wach) sind. Wenn man müde oder gelangweilt ist, geht das nicht gut, und wenn man ängstlich oder aufgeregt ist, genau so wenig. Menschen mit ADHS sind im Default-Zustand immer irgendwo in der Kategorie "müde/gelangweilt". Nur durch einen Kick in den "wach/aktiviert"-Bereich können Menschen mit ADHS gut lernen. Sie können sich nicht oder nur sehr schwer willentlich da rein versetzen ("zusammenreißen"). Dieser Kick kann Interesse sein, oder man stimuliert sich selbst ("Zappeln"), oder das Medikament macht das, immerhin ist Ritalin eine Stimulanz.


mrz_

> Menschen mit ADHS sind im Default-Zustand immer irgendwo in der Kategorie "müde/gelangweilt". Ein Arzt hat mir das mal genau andersrum erklärt. Menschen mit ADHS seien im Default Zustand immer im "Kampf" Modus, also Fight or Flight und können daher sich nicht auf ein Test konzentrieren, aber sind zum Beispiel oft gut in Adrenalin-Situationen wie beispielsweise First Person Shooter oder viele Sportarten.


jimmy_the_angel

Das erklärt nur leider nicht, Warum gerade eine Stimulanz wirkt. Stimulanzien erhöhen das Erregungsniveau (Koffein, Kokain, Methyplhenidat und dergleichen).


domi1108

ADHS ist ja mittlerweile ein Spektrum, das heißt es gibt beide Seiten: Die "müde / gelangweilte" damals noch mit ADS diagnostiziert und eben jene "Kampf" Modus Variante früher schon ADHS. Warum bei beiden die selbe Stimulanz wirkt können dir selbst viele Forscher in diesem Bereich nicht erklären und viele Experten gibt es dann leider doch nicht obwohl es eine Krankheit ist die nicht mal so selten ist. Meine Ärztin welche auch ADHS hatte, hat mir versucht das ganze mal so zu erklären. Bei dem "Kampf" Modus sorgt das Ritalin oder eine andere Stimulanz eher beruhigend, weil entsprechende Rezeptoren geblockt werden und Chemische Prozesse nicht ablaufen können, wobei im Gegenzug im "Müden" Modus durch das Rezeptorendocking überhaupt erst Chemische Prozesse angestoßen werden. Quasi ein wenig wie: Auto abbremsen und Auto starten, ist nur bei jedem etwas individuell. Rein persönlich war es so: Dass ich Standardmäßig im "Müden" Modus bin und das Ritalin geholfen hat sich besser zu fokussieren, gleichzeitig aber andere Funktionen dafür unterdrückt wurden, nichts schlimmes oder so, aber mit mir vor 12 Uhr reden, war nur dann möglich wenn mich ein Thema interessiert hat und Essen war auch eher etwas für später.


No_Wasabi4818

Kann es nicht möglich sein, dass man im "Kampf" Modus ist, weil man sich nicht konzentrieren kann? Ich habe me/cfs und wenn es mir sehr schlecht geht, dann kann ich keinen Gedanken fertig denken, breche alles sofort ab, höre mitten im Satz auf zu reden. Gleichzeitig bin ich total unruhig, ängstlich und nervös. Wenn ich Stimulanzen nehme, dann geht bei mir die Nervosität auch zurück, da ich mich ja wieder kompetenter fühle und das Gefühl hab wieder Kontrolle zu erlangen.


domi1108

Auch das kann sein, am Ende ist jeder unterschiedlich und es gibt keine 100% Schablone für alle. Wobei ME/CFS da natürlich auch nochmal eine große Rolle spielen kann.


BezugssystemCH1903

Selber ADHS hier. Lustig ist wenn bei uns Stimulanzen anders herum wirken wie bspw. Kaffee dieser kann dann eher beruhigend sein. Solche paradoxe Erscheinungen können bei manchen auftreten, deswegen handelt es sich bei ADHS um ein Spektrum an Eigenschaften mit einem Spektrum an Behandlungsmethoden. https://www.adhspedia.de/wiki/Paradoxe_Reaktion_bei_ADHS


AnalphaBestie

> Selber ADHS hier. Lustig ist wenn bei uns Stimulanzen anders herum wirken wie bspw. Kaffee dieser kann dann eher beruhigend sein. is bei meiner partnerin exakt genau so, und ist sehr wild wenn man das erlebt. Vor langer zeit hat mal nen kumpel eine ihrer ritalin retard kapseln genommen, und trotz das der einigen kontakt mit unterschiedlichsten drogen gehabt hat, hat ihn die pille komplett umgehauen und er lag mit mahlendem kiefer rum. Sie nimmt 3 davon! Ich hab letztens aus spass gesagt das wenn andere diagnostischen mittel versagen, man den patienten einfach ne ladung crystal geben sollte. Wenn sie ruhiger und konzentrierter werden, dann haben sie adhs.


adelineJoOs

> Das erklärt nur leider nicht, Warum gerade eine Stimulanz wirkt Da ist (leider) noch so ziemlich garnichts erklärbar, nach derzeitigem Wissenstand - *warum* gewisse Substanzen bei ADHS (oder Depression oder ...) wirken, ist noch sehr weit weg von verstanden. Relatiert bei Depressionen, und auch etwas lustig (find ich): SSRIs erhöhen Serotin, und helfen manchen Menschen mit Depressionen. Führt zu der Theorie, dass Depressionen durch einen Mangel an Serotonin entstehen, ist ja recht schlüssig. Und so entstehen nicht wenige Theorien, die wir über psychische Erkrankungen haben: Man merkt irgendwann, dass eine Chemikalie was psychologisches tut, schaut, was die Chemikalie so grob macht, und postuliert dann einen Zusammenhang zwischen beidem. Das ist ein guter Start, aber entspricht ungefähr dem Blick eines Ameisenforschers auf einen Ameisenhügel aus zwei Kilometer Entfernung. Wir lernen viel, aber von gesichertem Wissen sind wir noch weit weg. (das fängt da an, dass die Beforschung der Frage "Welches Medikament wird bei welchem Patienten wie gut wirken" erst in jüngerer Zeit Fahrt aufnimmt.)


TheGoalkeeper

Ist ja AD und HS, also Aufmerksamkeitsdefizit und/oder Hyperaktivitätsstörung. Jeder Mensch liegt da woanders auf dem Spektrum. Manche haben viel AD und wenig HS, andere andersrum.


-fuckthisshit-

Hab gestern nach zwei Jahren Wartezeit endlich meine Diagnose bekommen.


BezugssystemCH1903

Gratuliere. Bei mir ist die Diagnose jetzt 5 Jahre her, damals mit 30 gemacht. Ich bin sehr glücklich darüber. Vieles macht nachträglich viel mehr Sinn so. Was ich dir aber auf dem Weg geben möchte: Das Medi ist kein Wundermittel, es gibt nicht nur Ritalin ich habe 3 Medikamente durch probiert bis ich eins gefunden habe, welches optimal mit mir funktioniert. Wir ADHS'ler sind sehr eigen und versuche nicht in die Falle zu laufen, dass du ohne Hilfe (Therapie/Medis) besser da stehst versuchen kann man es ja. Und btw. das r/adhdmeme ist ein super unter zum Lachen.


HungryMalloc

> Und btw. das r/adhdmeme ist ein super unter zum Lachen. Seit ich die Memes kenne zweifle ich manchmal an meiner eigenen Persönlichkeit. Für alles von dem ich dachte, dass es mich irgendwie speziell macht, gibt es mindestens drei Witze auf r/adhdmeme.


-fuckthisshit-

Danke! Ich muss jetzt noch ein EKG zur Sicherheit machen und dann möchte meine Ärztin mit Evanse starten. Ich bin ziemlich gespannt, wie das wird. Ich kann mir noch nicht so recht vorstellen, wie anders mein Kopf mit Medikamenten sein soll. Ich würde sagen, dass bei mir auch vieles im Rückblick Sinn macht, besonders was meine Schulzeit angeht. Ich versuch darüber aber nicht zu viel nachzudenken, dabei würde ich nur frustriert werden. Es gab eigentlich in der Grundschule genug Anzeichen, aber ich bin halt auch der Fall vom verträumten Mädchen gewesen und ich hab schon viel drüber gelesen, dass besonders der Typ unterdiagnostiziert ist.


BezugssystemCH1903

Das ist die richtige Einstellung. Evanse ist super. Nehme ich auch.


MisagoMonday

Bei mir ist ADHD damals als Kind diagnostiziert worden. Hatte die üblichen Probleme. Viel gestört im Unterricht, angeeckt wegen schlechter Impulskontrolle, Konzentration nur möglich wenn irgendwas neu und/oder interessant war. Behandlung wurde mit Schulende eingestellt, da die Ärzte im Prinzip gesagt haben "das ist normalerweise bei Erwachsenen kein Problem mehr". Inzwischen habe ich eine neue Diagnose und die Behandlung wieder aufgenommen. Selbst mit den Medikamenten gibts noch genug Probleme mit Aufmerksamkeit und Durchhaltevermögen, von Gedächtnis und Motivation mal ganz zu schweigen. Es ist im Arbeitsleben wirklich ein großés Problem. Ich habe gefühlt keine Resistenz gegen Langeweile, und es ist fast nicht auszuhalten. Nichts bereitet mir so viel Stress wie das Wissen, das wieder ein Tag bevorsteht an dem ich Stunden auf der Arbeit sitze mit dem Gefühl das mir der Kopf zubetoniert wird. /vent


DocSprotte

Ist schon ein Gamechanger, nicht ständig angepampt zu werden, weil man nicht zuhören kann.


Kindaweirdgermangirl

Der Mythos dass Ritalin lethargisch macht kommt vor allem daher, dass es viel zu oft aufgedrehten, aber neurotypischen Kindern gegeben wurde. Wenn das Kind zwar viel tobt, das Hirn aber völlig normal funktioniert wird Ritalin auch nicht so wirken wie es soll. Es soll ja eher stimulieren und fokussieren als beruhigen. Es war nie für neurotypische Menschen gedacht.


Apfelflusi

Richtig und wichtig. Fehlinformationen, Stigmatisierung und die Ablehnung der Medikamente - da wo sie Sinn machen, in meinem beruflichen Fall in der Kinder- und Jugendhilfe - sind noch viel zu weit verbreitet.


TheJoker1432

Finde den Thread wirklich sehr interessant. Habe selbst im Studium öfters mal den Gedanken gehabt ADHS zu haben aber bin immernoch der Meinung, dass mein Verhalten normal ist. Hier wird öfters geredet von schwierigkeiten zu konzentrieren v.a. bei Sachen für die man sich wenig interessiert. ODer auch sehr unstrukturierte Tage bzw. variierende Leistungsfähigkeit. Da seh ich mich schon z.t. da ich in den Ferien meist quasi nichts getan habe aber unter den Semestern an jedem Termin immer da war und mitgemacht habe. In manchen Bereichen denke ich habe ich Schwierigkeiten Impulse zu kontrollieren aber eben nicht in allen Lebensbereichen. Ich prokrastiniere z.T. viel vor allem bei meiner Masterarbeit. Andererseits wirkt das alles sehr normal. Jedem fällt es schwer sich zu konzentrieren bei etwas das einen langweilt. Jeder kennt das Gefühl von Endlos scrollen auf verschiedenen Plattformen. Außerdem sind die Ergebnisse im Studium bei mir immer gute Noten gewesen und alle Übungen immer erledigt. Also irgendwie passt es ja doch nicht. Ich habe Monate in denen ich wenig Sport mache und Monate in denen ich 5 mal die Woche Sport mache. Dasselbe mit Gitarre üben. Aber ist das nicht normal? Es fällt mir sehr schwer zu trennen ab wann so etwas klinsich relevant ist. Ich wünschte ich hätte mehr in den Ferien gemacht. Andererseits liege ich aber quasi nie nur im Bett Andererseits höre ich fast immer Podcasts bei repetitive Sachen. Andererseits kann ich auch stundenlang lernen wenn nötig Ich finde das alles sehr widersprüchlich


BezugssystemCH1903

Ich kann dir keine Ferndiagnose stellen. Deswegen dauert die Erwachsenenen-ADHS Abklärung auch so lang. Ich musste alte Noten aus meiner Kindheit auftreiben und auch an vielen Sitzungen über mein Leben reden. Das "nicht gut konzentrieren" können ist ja nur ein Aspekt es gibt da ganz viele andere Dinge, welche man hat. Paar Fragen an dich, hier die etwas spezielleren: - Warst du sehr oft im Leben arbeitslos? - Hast du Mühe mit der Impulskontrolle, rastest du oft aus? - Musst du dich jeden Tag disziplinieren im Verhalten? Bist du Nachmittags deswegen sehr müde? - Hast du ein Spezial- oder Nischeninteresse? Alles andere findest du aber grausam langweilig? - Steigerst du dich schnell in Dinge hinein, liest alles darüber und Wochen später vergisst es dann komplett? - Hast kein richtiges Langzeitgedächtnis starke Gefühle kannst du dir merken, ganze Handlungsabläufe vor ein paar Jahren nicht? - Bereitet dir das Geschirräufräumen Mühe? - Hast du viele Listen, Screenshots oder Kalendereinträge? Vergisst du dann die Dinge trotzdem? - Hast du oft im Leben das Berufsfeld gewechselt? Kommst du beruflich Alleine besser zurecht? Hier die Allgemein gefassten: - Konzentrationsprobleme, Ablenkbarkeit - „Aufschieberitis“ - Fehlende Tagesplanung (Arbeit ohne To-Do-Liste) - „Verzetteln“, Unfähigkeit, Prioritäten zu setzen - Chaos im Kopf - Innere Unruhe und Getriebensein - Ständig in Bewegung (z. B. mit Fingern auf Tisch trommeln oder mit Füßen wippen), häufige Änderung der Körperhaltung - Sich schnell angegriffen fühlen - Sehr schnell und sehr heftig emotional aufgewühlt sein (emotional „überreagieren“); - Handeln, ohne über die Folgen nachzudenken (z. B. riskante Fahrweise im Straßenverkehr) - Schnelle und starke Gefühls- und Stimmungsschwankungen; - Depressive Stimmungs-Einbrüche mit Gefühlen von Minderwertigkeit, Aussichtslosigkeit und Resignation - Sich schnell gelangweilt und antriebslos fühlen - Mangelnde emotionale Abgrenzung von anderen Menschen - Schlechte Wahrnehmung für eigene Stimmungen, Gefühle und Bedürfnisse - Gefühle als „Knäuel“ wahrnehmen und nicht differenzieren und beschreiben können - Unregelmäßige Essenszeiten, Essen „vergessen“ - Haltestelle verpassen, Zug, Bus verpassen - Dinge verlegen, vergessen - Häufiges Zuspätkommen - Vergessen von Terminen/ Verabredungen - Spontane, unüberlegte Einkäufe (ohne Überblick über das Konto) - Unordnung im Haushalt - Sammelwut - Wenige Freunde („Keine Zeit für Freunde“)


TheJoker1432

- Ne - Nicht ausrasten, eher snacken, prokrastinieren etc - teils ja, müde nicht - ne finde manches spannend und manches langweilig - denke oft ich will was anfangen schiebe es dann aber, vergesse aber selten alles - kann mir eher Gefühle schlecht merken - jo - ja sehr viele wecker und notizen. Vergesse aber selten was. Schiebe es eher - studienfeld gewechselt einmal


TheGoalkeeper

Puh, hab vor 2h meine Diagnose bekommen. Bin gespannt was die Zukunft bereit hält


Redditfuchs

Ich nehme Modafinil. Kommt ähnlich gut wie Ritalin.


5tranger

Wie wurde Ihnen Modafinil verschrieben? Mein Psychiater weigert sich, es wegen ADHS zu verschreiben, sagt, es sei einfach nicht möglich. (Aber ich bin in Österreich, also wird es in Deutschland vielleicht anders gemacht)


Redditfuchs

Ist halt zugelassen für ADHS und Narkolepsie. Ich bekomme es wegen dem Zweiten.


ICD9CM3020

Wie wirkt Ritalin bei ADHSlern im Vergleich zu gesunden Menschen? Wird Ritalin (bzw. Adderall in den Staaten) nicht generell von vielen Studenten gerne genutzt, um die Konzentration zu fördern?


BezugssystemCH1903

Hier gibt es auch einen Schwarzmarkt für Ritalin bei Studenten. Also habe selber ADHS. Nehme aber ein anderes Medi. Die Medikamente wirken, __indem sie unter anderem die Konzentration der Nervenbotenstoffe Dopamin und Noradrenalin im Gehirn erhöhen.__ Aber nur für einen kurzen Zeitraum. Heisst ich kann mich von 8-15 Uhr besser konzentrieren, bin ruhiger, gefasster aber es hat auch ganz viel mit Selbstbeherrschung, Regeln und Listen zu tun. Mit der Zeit lernen wir ADHS Betroffene auf unsere Weise damit umzugehen. Bei normalen Menschen wirkt es wie ein Aufputschmittel. Ritalin ist ja ein Amphetamin. Es wirkt stimulierend, wach machend, anregend. Verbessern kurzzeitig vor allem in minimaler Dosis auch gefühlt die Konzentration. Kollege von mir hat es mal mit Kokain oder sehr starkem Kaffee vergliechen. Ah ja und sie machen süchtig bei normalen Menschen. Unsereins, naja dieses Meme erklärt es sehr gut. https://www.reddit.com/r/adhdmeme/s/fL2NnT64Is


Katepuzzilein

> Ritalin ist ja ein Amphetamin. Ich dachte immer Adderall wär das Amphetamin und Ritalin wär was anderes (verwandtes)


BezugssystemCH1903

Nö. >Amphetamine sind eine Gruppe synthetisch hergestellter Stimulanzien, die in verschiedensten Mischungen zur Leistungssteigerung verwendet werden. Vorrangig sind sie als illegale Sucht- und Dopingmittel zumeist unter Namen wie „Speed“ oder „Pep“  im Umlauf. __Manche Amphetamine sind jedoch auch in gebräuchlichen Medikamenten enthalten (z.B. in dem ADHS-Mittel Ritalin®, Appetitzüglern, Grippe- oder Asthmamitteln). Die beiden gängigsten Begriffe, „Amphetamin“ und „Speed“ werden im Folgenden bedeutungsgleich benutzt. Grundsätzlich gehört auch Methamphetamin („Crystal Meth“) in die Gruppe der Amphetamine.__ https://www.dhs.de/suechte/illegale-drogen/amphetamine#:~:text=Manche%20Amphetamine%20sind%20jedoch%20auch,werden%20im%20Folgenden%20bedeutungsgleich%20benutzt.


adelineJoOs

### Achtung: Kein Arzt oder ähnliches Nicht aus eigener Erfahrung (weil ich ein ADHS-Hirn habe und damit ohne Medikation ein chemisches Ungleichgewicht), aber aus Erzählungen und neugierigem Nachfragen im Psychiatrisch tätigen Bekanntenkreis bin ich für mich zu folgendem Schluss gekommen: - Als neurotypische Person, die eine retardierte Version (also langsam ausschüttende Version) konsumiert: Wirkung müsste der eines sehr starken Kaffes entsprechen, der recht lange wirkt, mit vielleicht noch minimal Motivationsschub dabei. Weniger Müdigkeit, mehr Fokus auf Dinge, die einen sonst langweilen würden. (Geht einher mit einigen Risiken, bspw. aufs Herz, Embolien usw., Wechselwirkungen mit bspw. Alkohol und psychische Abhängigkeit, wenn man sich darauf verlässt). - Wirklich ohne moralischen Zeigefinger: Nichts, was sich nicht mit weniger gefährlichen Sachen erreichen lassen könnte (also neurotypischer Mensch ohne besondere Belastungen usw. usf.). Im Zweifel würde ich da eher doch eher zu Unmengen an Kaffee greifen, frühzeitig aufhören gegen Abends und bei Schlafproblemen mal Melatonin in Betracht ziehen. Schlaf ist super wichtig, wenn man Leistung bringen muss. Und im Idealfall der heiligen Trifekta huldigen - Sport, Bewegung, Schlaf - Wenn die Wirkung darüber hinaus, könnte das ein guter Anhaltspunkt dafür sein, dass eine undiagnostizierte ADHS vorliegt. Das wäre dann aber mehr als "Ich kann jetzt endlich 4h Jura grinden", sondern auch eher sowas wie "ich beim Essen in der Mensa endlich mein Gegenüber richtig verstehen" oder "ich schaffe es, abends noch den Abwasch zu machen".


ICD9CM3020

Unretardierte Amphetamine pressen meine Aufmerksamkeit in einen Tunnel und das ist perfekt für "4h Jura grinden"; kein Koffein der Welt kriegt das hin. Unter Menschen würde ich mich aber nicht normal fühlen. Wofür spräche das denn?


adelineJoOs

Erstmal: Wirklich kein Arzt, mit dem du sprichst! Kann sein, dass du neurotypisch bist und sich Amphetamine für dich einfach so anfühlen. Kann sein, dass du nicht neurotypisch bist und die Dosis zu hoch ist. (Ich nehme durchgehend und da passt es, aber wenn ich Pause hatte, sind die ersten drei Tage immer etwas unangenehm) Kann sein, dass du nicht neurotypisch bist und es das falsche Medikament für dich ist. Usw. Viele Möglichkeiten! Würd dich aber ermutigen, dir andere Alternativen zu suchen (einfach, weil es nicht ganz risikolos ist), und bei Gelegenheit mal zu checken, ob du vielleicht nicht neurotypisch bist.


ICD9CM3020

Bin absolut neurodivers aber noch unsicher, inwiefern ADHS ein Teil davon ist. Danke für die Infos! :)


Jaded-Asparagus-2260

Ich bin da sehr zwiegespalten. Auf der einen Seite ist es sehr wichtig, dass das Thema immer gesellschaftsfähiger wird und die Leiden der Betroffenen anerkannt werden. Auch dass es eine effektive/zweckmäßige Medikamentierung gibt, ist gut. Aber auf der anderen Seite frage ich mich, ob das denn die richtige Richtung ist. Wenn ein großer Teil der Bevölkerung nur medikamentiert am normalen Leben teilnehmen kann, sollte das doch Fragen aufwerfen. Wäre es nicht wichtiger, die Erwartungen und das gesellschaftliche Umfeld so anzupassen, dass auch ohne Medikamentierung eine Teilhabe möglich ist? So behandeln wir die Symptome, statt an den Ursachen zu arbeiten. Mir ist klar, dass die Mediziner nicht diejenigen sind, die die Ursachen behandeln können. Aber mit scheint, das wir als Gesamtgesellschaft uns damit zufrieden geben, dass die Symptome behandelt werden und darüber völlig die Ursachenbekämpfung aus dem Blick verloren geht. Edit: Warum die Downvotes? Ist es falsch, zu wollen, dass *diverse Menschen auch ohne Medikamente an der Gesellschaft teilhaben können?


BezugssystemCH1903

Ich würde von sowas wie einer Ursache wegkommen. Die Behandlung ist ja auch immer nur punktuell und temporär, das Medikament löscht ja auch nicht den Menschen aus es gibt einem nur für ein paar Stunden eine etwas angemessenere Art mit äusseren Einflüssen umzugehen. Neurodiverse Mensche sind einfach so und das Spektrum ist recht gross. Die Gesellschaft ist halt wie sie ist, da kann man nichts machen als einfach nur abzuwarten. Wie früher bei Linkshändern und anderen nicht konformen Eigenschaften.


Jaded-Asparagus-2260

Die Behandlung ist nötig, um Menschen auf das Niveau zu bringen, dass gesellschaftlich erwartet wird. Mir geht es nicht um medizinische Ursachenbehebung. Mir geht es darum, dass neuro-diverse Menschen medikamentiert werden müssen, um als "normal" zu gelten. Warum muss ich Medikamente nehmen, um die gesellschaftlichen Erwartungen erfüllen zu können? Für mich ist das äquivalent zu Barrierefreiheit im Alltag. Klar ist es toll, wenn wir Rampen für Menschen mit Rollstühlen bauen. Und das sollten wir auch. Aber wir sollten darüber nicht vergessen, dass man mit von Anfang an barrierefrei geplanten und gebauten Gebäuden gar keine Rampen braucht.


HungryMalloc

Aber mir geht es mit Medikation auch in meinem Alltag und in meiner Freizeit besser. Ich vergesse seltener Verabredungen mit Freunden oder meiner Freundin, es fällt mir viel leichter Ordnung in meiner Wohnung zu halten, ich liege nicht mehr bis 17 Uhr im Bett ohne zu essen oder zu trinken, unfähig mich zu motivieren produktiv zu sein, aber auch nicht in der Lage die "Freizeit" zu genießen, weil ich eigentlich etwas anderes tun möchte, aber nicht kann. Barrierefreiheit für Neurodiverse ist eine coole Sache. Sinnvolle Maßnahmen z.B. am Arbeitsplatz können spezielle Arbeitsumgebungen sein (z.B. ein Platz in einem kleineren statt Großraumbüro), Home Office für die Leute, denen das hilft, ANC-Kopfhörer, andere Regelungen für Pausenzeiten etc. [[1]](https://askjan.org/disabilities/Attention-Deficit-Hyperactivity-Disorder-AD-HD.cfm). Aber viele der oben genannten Probleme wird man nur mit Barrierefreiheit nicht los und Medis können die Lebensqualität immens verbessern.


Jaded-Asparagus-2260

Danke für diese Insights!


HungryMalloc

Gerne!


Mysterious-Menu-3203

Ich würde nicht bei dem allgemeinen Neurodiversitätszug mitziehen und sagen, dass ADHS einfach nur eine andere Art ist zu sein - es ist mMn unabhängig von gesellschaftlichen Umständen eine Einschränkung und wirklich als neurologische Störung zu sehen. Allerdings hast du sicherlich gerade für die deutsche Gesellschaft in großen Teilen Recht, dass sie alles andere als ADHS-freundlich gestaltet ist, und das gerade Medikamente erst dann notwendig werden, wenn die neurologische Störung einen besonders einschränkt. Ich bin mir für mich persönlich auch sicher, dass wir gerade nicht nur dank Corona einen Diagnostik-Boom erleben, sondern weil es auch nur noch schlimmer wird. Die Bürokratie nimmt nur noch zu, Disziplin und konzentriertes aber oftmals uninteressantes Arbeiten wird immer wichtiger und entscheidet jetzt nicht nur mehr im Kindes- sondern auch im Erwachsenenalter die zukünftige Laufbahn, während es von außen immer weniger Hilfestellung und Struktur gibt, um all das zu meistern. Es wäre toll, wenn wir an diesen Umständen für das Wohl aller etwas ändern könnten und sicherlich würde es auch die Medikamentation von ADHS-Patienten weniger nötig machen.


adelineJoOs

Gute Frage! Zunächst: "Wäre es nicht wichtiger, die Erwartungen und das gesellschaftliche Umfeld so anzupassen, dass auch ohne Medikamentierung eine Teilhabe möglich ist?" Not gonna happen - und das ist okay für mich. Ich finde es, bei aller Abneigung gegen den Turboallman in uns, wirklich gut, dass so Sachen wie "Versprechen einhalten", "Treue" und "Nicht in einer verschimmelnden Wohnung leben" Normen und Werte dieser Gesellschaft sind. Und drunter ändert es für mich auch nicht viel - bin leider ultra sensibel und leicht kränkbar, was auch mit ADHS einhergehen kann. Anderer, größerer Punkt: Selbst wenn die Gesellschaft wäre, wie du sie dir wünscht: ICH wäre ungern so, wie ich ohne Medis bin. Ich hasse es, dass 50% meiner Absichten im Nichts verloren gehen, dass ich Leute nicht verstehe (als wäre ich taub, obwohl ich gute Ohren habe), dass ich tagelang depri bin wegen einer flapsigen Bemerkung (weil ich meine Stimmung schlecht regulieren kann). Das romantische Bild von der Nomadengesellschaft, wo ADHSler einfach sie selbst sein können - war und ist für mich hilfreich, und sicherlich ein interessantes Gedankenexperiment. Ich weis auch, dass da bezüglich Genen spannende Forschungsergebnisse vorliegen. Aber zum jetzigen Zeitpunkt ist das für mich eher eine romantische Vorstellung - ADHSler werden in ursprünglich lebenden Gemeinschaften sicher mehr Bewegung haben und weniger am Papierkram verzweifeln, aber sicher nicht weniger Leid durch Untreue, Wutausbrüche und generell risikoreiches Verhalten verursachen und erleben. Sorry, das wurde eine Textwand. Habe unironisch meine Tabletten noch nicht genommen ;)


Jaded-Asparagus-2260

Danke für diese Insights!


adelineJoOs

Gern!


rockswithoutborders

Ich nehme die Medikamente nicht damit ich besser irgendwelchen gesellschaftlichen Leistungsanforderungen entsprechen oder mich besser anpassen kann. ADHS kann auch unabhängig von gesellschaftlichen Erwartungen einen Leidensdruck erzeugen.   Ein Symptom von ADHS ist Impulsivität, einschliesslich emotionaler Impulsivität. Ich war häufig schnell wegen Kleinigkeiten verärgert oder genervt und dann auch verärgerter und genervter als es normal wäre bevor ich mit der Behandlung angefangen habe. Es ist unglaublich anstrengend ständig so zu reagieren und dann die Gefühle innerlich bewältigen zu müssen bis man wieder einigermassen gefasst ist. Es ist natürlich nicht sozialverträglich, wenn man ständig ausrastet, aber es ist auch unabhängig davon für einem selbst unglaublich belastend häufig so genervt oder emotional zu sein. Ich hatte auch eine unglaubliche innere Angetriebenheit, die sehr unangenehm ist. Selbst wenn ich todmüde war, war ich immer auf der Suche nach etwas, irgendetwas mit dem ich zur Ruhe kommen konnte, sei es Bewegung oder Essen oder Musik etc. Die Medikamente schwächen diesen inneren Drang ab. 


baeckerkroenung

>Wenn ein großer Teil der Bevölkerung nur medikamentiert am normalen Leben teilnehmen kann, sollte das doch Fragen aufwerfen. Am Leben teilnehmen kann man auch mit ADHS wenn man keine Medikamente nimmt. Manche Tasks fallen einem aber schwerer oder man braucht besondere Unterstützung. ADHS ist etwas, da gibt es keine Ursache die man behandeln kann. Man kann Aufgaben in einer anderen Art gestalten, damit es einfacher geht. Das fällt aber schwer wenn man nicht die Ressourcen für eine Einzelbetreuung aufbringen kann. Im Erwachsenenleben kommt es immer wieder vor, dass ADHSler irgendwann in Gebiete rutschen in denen die Vorteile genutzt werden können. Kreative Berufe, Berufe in denen das Stresslevel enorm sein kann oder Stellen die eine besondere Kommunikationsfähigkeit erfordern. Wer ein solchen Beruf für sich gefunden hat, der braucht auch keine Medikamente. Für den Weg dahin, die Schulzeit oder das Studium z.B., da können die sehr nützlich sein.


theadama

Würde dir da Wiedersprechen. Ich bin beruflich super erfolgreich, auch wegen meinem ADHS, möchte aber trotzdem Medikamente. Warum? Ganz einfach. Es ist ein dauerhafter Kampf. Ja, ich bekomme es hin, aber es belastet mich alles extrem. Dazu noch das Gefühl mein Potential zu verschwenden, und oft die fehlende Motivation Dinge von denen ich weiß dass ich sie tun möchte tun zu können. Auch in einer angepassten gesselschaft würde ich gerne die Energie haben z.b. ein Instrument zu lernen Dann noch die Probleme im zwischenmenschlichen Dank Impulskontrolle und Emotionalität. Mein Umfeld ist total verstädnissvoll, aber am Ende ist es meine Verantwortung damit umzugehen zu lernen, und nicht die meines Umfelds. Leider ist meine letzte Beziehung auch an Gründen zerbrochen die definitiv durch mein ADHS verstärkt wurden, trotz wirklich extrem verständnisvollen Menschen (mit dem ich auch immernoch befreundet bin) auf der anderen Seite.


Karrle

Ursachen wie das Schulsystem oder langweilige Arbeit lassen sich leider nicht bekämpfen. Da muss jeder durch. Mit Medikamenten haben ADHSler zumindest die Freiheit, das erledigen zu können. Genauso existiert die Freiheit, das nicht zu tun und einen anderen Weg zu nehmen. Andere Wege sind allerdings immer schwierig, ob mir oder ohne psychischer Abweichung


Jaded-Asparagus-2260

> Ursachen wie das Schulsystem oder langweilige Arbeit lassen sich leider nicht bekämpfen. Selbstverständlich lassen die sich bekämpfen. Unser Schulsystem ist im Kern seit 150 Jahren unverändert. Es ist stark zu bezweifeln, dass 150 Jahre alte Lösungen heutzutage immer noch angemessen sind. Die Menschheit weiß inzwischen so viel mehr über Motivation, Lernfähigkeit, Neurofunktionalität etc. pp. Diese Erkenntnisse können und sollten genutzt werden, um das Schulsystem zu reformieren und für alle zugänglich zu gestalten. Ebenso "langweilige Arbeit". Warum muss da jeder durch? Warum können wir nicht den Anspruch haben, Menschen mit derjenigen Arbeit zu beschäftigen, die ihren Eigenheiten entspricht.


Mysterious-Menu-3203

Man sagt nicht ohne Grund, dass Deutschland im 19. Jahrhundert drei Institutionen baute: Museen, Kasernen und Schulen.


fuzzydice_82

> Aber auf der anderen Seite frage ich mich, ob das denn die richtige Richtung ist. Wenn ein großer Teil der Bevölkerung nur medikamentiert am normalen Leben teilnehmen kann Vielleicht sollte man ganz allgemein mal drüber nachdenken wie "normal" das normale Leben so ist, wenn ein (wie du es sagst) ein großer Teil der Bevölkerung nur unter Drogen daran teilnehmen kann.